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01. März 2018

Stufenvertretung kirchengesetzlich im Mitarbeitervertretungsgesetz der Evang. Landeskirche in Württemberg verankert

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Die Landessynode hat mit Wirkung zum 01. November 2017 eine Änderung des MVG.Württemberg beschlossen, die sowohl für die MAVen als auch für die LakiMAV weitreichende Auswirkungen hat. Der Text des neuen § 55 Abs. 2 lautet:

„(2) Darüber hinaus ist die Landeskirchliche Mitarbeitervertretung zuständig für die Aufgaben der Gesamtmitarbeitervertretungen und Mitarbeitervertretungen in Fällen der Mitbestimmung nach § 39 und § 40, soweit sie Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus mehreren oder allen Dienststellen mehrerer oder aller kirchlicher Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen im Bereich der Landeskirche betreffen und dies der Oberkirchenrat im Einvernehmen mit der Landeskirchlichen Mitarbeitervertretung feststellt. Für das Verfahren gelten § 38 und § 47 mit folgenden Maßgaben:
1.    Die Frist nach § 38 Absatz 3 Satz 1 beträgt drei Monate;
2.    die Frist nach § 38 Absatz 3 Satz 6 beträgt einen Monat;
3.    die Frist nach § 38 Absatz 4 beträgt zwei Monate;
4.    § 38 Absatz 5 findet keine Anwendung;
5.    die Frist gemäß § 47 Absatz 1 Satz 2 beträgt drei Monate;
6.    die Fristen nach § 47 Absatz 2 Satz 1 und Satz 2 Halbsatz 1 betragen zwei Monate;
7.    die Frist nach § 47 Absatz 2 Satz 2 Halbsatz 2 beträgt drei Monate.“

 

Dadurch besteht künftig die Möglichkeit, dass die LakiMAV anstelle der örtlichen MAVen in solchen Fällen der Mitbestimmung beteiligt wird, die die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus mehreren oder allen Dienststellen mehrerer kirchlicher Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen im Bereich der Evang. Landeskirche in Württemberg betreffen.

Grund für diese Gesetzesänderung ist, dass bislang – insbesondere bei organisatorischen Maßnahmen im Zusammenhang mit IT oder Finanzen, die auf der obersten Leitungsebene (OKR) beschlossen wurden und vor Ort in den Dienststellen unverändert umzusetzen waren – jede einzelne MAV der Dienststellen, die von den Veränderungen betroffen waren, beteiligt werden musste. Das war einerseits ein extremer Verwaltungsaufwand, denn die Beteiligung musste in sehr vielen Dienststellen zu exakt dem gleichen Beteiligungstatbestand erfolgen. Andererseits war das bisher praktizierte Verfahren auch inhaltlich fraglich, da die Dienststellen vor Ort z.T. nicht in der Lage waren, den Mitarbeitervertretungen die komplexen Zusammenhänge ausreichend zu erläutern und die Mitarbeitervertretungen z.T. auch nicht über das erforderliche umfangreiche Fachwissen verfügten, um den Sachverhalt eigenständig beurteilen zu können. In der Praxis gab deshalb die LakiMAV, die sich intensiv mit den Themen befasst und juristisch geprüft hat, in solchen Fällen eine Empfehlung für die MAVen heraus, an der diese sich zum großen Teil auch orientierten.

Da die Verantwortung für größere organisatorische Neuerungen beim Oberkirchenrat liegt, ist es sinnvoll, auch die Durchführung des Beteiligungsverfahrens auf dieser Ebene anzusiedeln. Auf landeskirchlicher Ebene ist die LakiMAV, als das durch eine Stufenwahl aus den Mitarbeitenden hervorgehende Gremium, als Partnerin in diesen Beteiligungsverfahren legitimiert. Deshalb ist sie hier als Gegenüber benannt.

Der erste Schritt zum Eintritt in ein solches landeskirchliches Beteiligungsverfahren ist, dass zwischen dem Oberkirchenrat und der LakiMAV vereinbart wird, dass hier ein Fall des landeskirchenweiten Beteiligungsverfahrens vorliegt. Diese Feststellung kann nur einvernehmlich getroffen werden. Somit ist bereits bei dem Beginn des landeskirchenweiten Beteiligungs-verfahrens Rechtssicherheit gegeben.

Die LakiMAV trägt dafür Sorge, dass diese neue zentrale Beteiligungsmöglichkeit nur in den Fällen zur Anwendung gelangt, in denen sie nach Abwägung der Belange der MAVen vor Ort und des Bedarfs eines landeskirchenweit rechtssicheren schnellen Verfahrens angezeigt ist.

Im Rahmen der Stufenvertretung, die durch den neuen § 55 Abs. 2 MVG.Württemberg nun ihren Ausdruck findet, ist es wesentlich, dass eine frühzeitige und umfassende Kommunikation und die inhaltliche Auseinandersetzung mit den Inhalten der jeweiligen landeskirchenweiten Beteiligungstatbestände mit allen betroffenen MAVen in der Landeskirche stattfindet. Die Rückbindung der LakiMAV an die Bedürfnisse der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Dienststellen über die örtlichen MAVen ist künftig die Grundvoraussetzung für eine sachgerechte Durchführung des landeskirchlichen Beteiligungsverfahrens.

Die LakiMAV wird die Kommunikation mit den MAV-Vorsitzenden zu diesen Tatbeständen auch künftig durch regelmäßige Vollversammlungen der MAVen und der Vorsitzenden der MAVen gewährleisten. Zudem wird die LakiMAV über alle anstehenden landeskirchlichen Beteiligungsver-fahren die MAVen rechtzeitig schriftlich informieren.

Wir hoffen sehr, dass es durch diese Regelung für die MAVen und Dienststellenleitungen vor Ort eine deutliche Entlastung von Beteiligungstatbeständen, bei denen sie keinen Gestaltungsspielraum haben, gibt und sind zuversichtlich, dass die Rechte der Betroffenen durch die Beteiligung der LakiMAV gewahrt werden.

Hinweis:

Diese württembergische Rechtsänderung kann eine weitreichende Vorbildwirkung für andere MVGs haben. Deshalb wird zu unserer Rechtsänderung in einer der nächsten Ausgaben der Zeitschrift ZMV ein Artikel zu dieser Württemberger Besonderheit erscheinen.

Reinhard Haas