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06. Oktober 2020

Diakon Reinhard Haas offiziell verabschiedet

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Nach der Stabübergabe an den neuen Vorsitzenden der LakiMAV, Diakon Andreas Laib, im Rahmen der konstituierenden LakiMAV-Sitzung am 16. September, wurde der seit 25 Jahren amtierende LakiMAV-Vorsitzende Diakon Reinhard Haas, heute im Hospitalhof in großem Rahmen aus allen seinen Ämtern in Landeskirche und EKD verabschiedet. Landesbischof Otfried July würdigte Reinhard Haas als eine Person, die seine Berufung als Diakon immer auch in seine mitarbeitervertretungsrechtlichen Bezügen gelebt hat und der die Gestaltung und Durchsetzung von Mitarbeiterrechten als kirchlichen Dienst sah. Für seine überragenden Leistungen im Ehrenamt verlieh der Bischof Reinhard Haas die Brenz-Medaille in Bronze.

Im Paul-Lechler-Saal des Hospitalhofs in Stuttgart fanden sich zur Verabschiedung von Diakon Reinhard Haas circa 100 Mitwirkende und Gäste ein. Trotz der strengen Corona-Bedingungen konnten Vertreterinnen und Vertreter aus den verschiedensten Bereichen seiner Tätigkeit zugegen sein. Musikalisch umrahmt wurde der Nachmittag von dem LakiMAV-Mitglied für die Berufsgruppe Kirchenmusik, Reinhard Krämer, am Klavier und dem langjährigen ehemaligen MAV-Vorsitzenden der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg, Hubertus von Stackelberg an den Trompeten. Als Moderatorenteam führten Albrecht Holzhäuer, LakiMAV-Mitglied für die Berufsgruppe Unterricht und Prof. Dr. Annette Rabe, LakiMAV-Mitglied für die Berufsgruppe Tagungs- und Bildungsarbeit, durch die Veranstaltung.

Die zahlreichen Besucher

Nach der offiziellen Begrüßung durch Diakon Andreas Laib, betrachtete Landesbischof Otfried July in seiner Andacht einen Gedanken aus dem Galaterbrief „Was der Mensch sät, das wird er ernten.“ (Gal. 6,7). Er stellt den Bezug zum langjährigen Wirken und Dienen von Herrn Haas her. Er habe Geduld, Nächstenliebe, Fairness, Vertrauen und anderes Positives gesät und so als lebendiger Stein beim Bau der Gemeinde im christlichen Sinn durch alle Positionen mitgewirkt, die er innehatte. Im Anschluss überreichte er dem künftigen Ruheständler als Zeichen der Anerkennung der Landeskirche für seine langjährige ehrenamtliche Tätigkeit in MAV, LakiMAV und Arbeitsrechtlicher Kommission die Brenz-Medaille in Bronze.

Landesbischof July mit Reinhard Hass und der Brenz-Medaille

Sabine Foth, Präsidentin der Landessynode der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, betonte besonders, dass Reinhard Haas als Diakon sich immer auch als Dienender verstand: vertikal gottesorientiert und horizontal menschenorientiert. Er habe mit seinem unermüdlichen Einsatz immer wieder angemahnt, dass es in der Kirche zukunftsfähige Strukturen brauche und die Kirche sich als verlässliche und attraktive Arbeitgeberin positionieren müsse. „Dienstgemeinschaft gelebt“ war sein Herzensanliegen und die Forderung des Dialogs auf Augenhöhe habe auch die Gegenseite weitergebracht. Durch die Präsenz und die Haltung von Reinhard Haas stets auch den Austausch mit der Synode zu suchen, ist die LakiMAV – und damit die Mitarbeiterseite insgesamt – mehr in deren Bewusstsein gerückt. Und dies sollte auch nach seinem Ausscheiden weitergeführt werden.

Präsidentin Sabine Foth

Stefan Werner, Direktor des Oberkirchenrats, listete zunächst akkurat die zahlreichen Stationen von Reinhard Haas im kirchlichen Dienst auf und würdigte seine Verdienste. In diesem langen, reichhaltigen und vielfältigen kirchlichen Berufsleben. 1982 zum Karlshöher Diakon geweiht, anschließend als Gemeindediakon in Tuttlingen tätig und dort bereits 1984 in die Mitarbeitervertretung (MAV) und zu deren Vorsitzenden gewählt. Damit begann seine „mitarbeitervertretungsrechtliche Karriere“. Bis April 2020 hatte er das MAV-Amt inne. Seit 1990 war er in der Landeskirchlichen Mitarbeitervertretung (LakiMAV) stellvertretendes Mitglied für die Berufsgruppe der Gemeindediakone, seit 1993 Regelmitglied. Seit dem 1. August 1995 hatte er bis 16. September 2020 den LakiMAV-Vorsitz inne. 1993 wurde er als stellvertretendes Mitglied in die Arbeitsrechtliche Kommission (AK) gewählt, zum 1.8.1995 als Regelmitglied. Den Vorsitz der AK übernahm er erstmals 1996 – im jährlichen Wechsel mit der Dienstgeberseite bis 2020.

Aber auch die EKD-Ebene wurde zu seinem Wirkungsbereich: Seit 1.1.1999 hatte er den Vorsitz der damals noch nicht gesetzlich anerkannten „Ständigen Konferenz der Gesamtausschüsse der Mitarbeitervertretungen in der EKD“ (STÄKO) inne, im März 2010 wurde Reinhard Haas in den Beirat für Chancengleichheit der EKD berufen, seit 2014 hatte er bis 2020 den Vorsitz der nun anerkannten STÄKO inne.

Herr Werner dankte Reinhard Haas für seine großen Verdienste für die Belange des Dritten Wegs und nahm ihre gemeinsame Zeit der letzten drei Jahre in den Blick. Dort habe er seine Kompromissfähigkeit und immer faire Grundhaltung zu schätzen gelernt, die aber nie die Ziele aus dem Blick verlor. Auch dafür gebühre ihm Respekt und Dank.

Da sie beide Franken seien und „Haas“ hier gerade passe, möchte er die Verbindung aufzeigen. Sie kämen bei da her, “wo die Hasen Hosen hasen und die Hosen Husen hasen.“

Reinhard Haas mit Direktor Werner

Als Vertreterin der Evangelischen Kirche in Deutschland, EKD, überbrachte Oberkirchenrätin Dr. Kristin Bergmann, Leiterin des Referats für Chancengerechtigkeit, „ein großes Dankeschön“ aus dem Kirchenamt der EKD in Hannover. Die seit 2010 bestehende Tätigkeit von Reinhard Haas im Beirat für Chancengerechtigkeit endet erst im kommenden Jahr, da es sich um ein Berufungsamt handelt. Frau Bergmann machte deutlich, welche Synergien es zwischen der Mitarbeitervertretungsarbeit und der Gleichstellungsarbeit gibt: die Tatsache, dass von den ca. 238.000 Beschäftigten in den evangelischen Kirchen in Deutschland 77,1 % weiblich sind und die Quote der weiblichen Führungskräfte nach wie vor unter 1/3 liegt, zeigt auf, dass Gleichstellungsarbeit ein Thema für nahezu alle ist.

Als Beispiel für die fruchtbare Zusammenarbeit mit Reinhard Haas nannte sie die entstandene Broschüre zu einem fairen und transparenten Bewerbungsverfahren, die neben Aspekten der Gleichstellung, des AGG auch solche des MVG enthält. „Auf Sie war auch in kritischen Debatten immer Verlass“, so fasst sie die Arbeitsbeziehung zusammen.

 

Für die Ständige Konferenz der Gesamtausschüsse der Mitarbeitervertretungen in der EKD (STÄKO) reiste in Vertretung des erkrankten ersten stellvertretenden Vorsitzenden, Diakon Andreas Klenke, der weitere stellvertretende Vorsitzende Volker Eilenberger an. Reinhard Haas hatte nicht nur in Württemberg langjährig den Vorsitz in der obersten Mitarbeitervertretungsorganisation, der LakiMAV, inne, sondern hat auf der Ebene der EKD entscheidend dazu beigetragen, dass es in allen Landeskirchen nun Gesamtausschüsse gibt und diese sich in der Ständigen Konferenz der Gesamtausschüsse der Mitarbeitervertretungen in der EKD (StäKo) vernetzen. Volker Eilenberger wies darauf hin, dass die STÄKO als „illegitimes Kind der EKD“ nicht zuletzt durch die langjährigen Bemühungen von Reinhard Haas nach 31 Jahren im Jahr 2014 endlich anerkannt wurde. Bereits vor der gesetzlichen Anerkennung dieser Institution führte Haas zwei Jahrzehnte lang diese informelle Vereinigung, seit 2014 war er bis jetzt deren Vorsitzender. In dieser Zeit hat er dafür gesorgt, dass es in der STÄKO keine Streitigkeiten mehr über die Frage „2. Weg oder 3. Weg“ gab. Eilenberger stellte fest, dass Reinhard Haas auch hier ein gut bestelltes Feld hinterlässt, das die Nachfolgerinnen und Nachfolger im Vorstand weiterentwickeln wollen und werden.

Volker Eilenberger

Von katholischer Seite war Thomas Schwendele als Vertreter der Zentral-KOA (entspricht der Arbeitsrechtlichen Kommission auf der Ebene der Deutschen Bischofskonferenz) in den Hospitalhof gekommen. Er erinnerte daran, dass die ersten Begegnungen zwischen ihm und Haas in Baden-Württemberg auf der Ebene der 4-K-Konferenzen stattgefunden hatten. Dort haben sich die Mitarbeiterseiten der Bereiche evangelische Landeskirchen, katholische Diözesen, Caritas und Diakonie mit den Gewerkschaften vor allem über tarifliche Fragen ausgetauscht. Die Aufgaben der beiden sind gewachsen und mit ihnen die Gesprächspartner. Ein Highlight ihres gemeinsamen Wegs, so Schwendele, war es, dass sie seitens der Bundesebene ihrer Organisationen dem Bundestag in Berlin deutlich machen konnten, was der Dritte Weg ist und dass gerade Kirche ein guter Arbeitgeber im Sozialmarkt sein kann. An Haas hat er immer geschätzt, dass er anständig blieb und seinen Auftrag darin sah, die anderen dazu zu zwingen, ebenfalls ehrlich zu bleiben. Haas habe sich damit sehr viel Respekt, auch auf den verschiedenen Ebenen der katholischen Seite erworben.

Thomas Schwendele

Den offiziellen Dank seitens der LakiMAV überbrachte der neue Vorsitzende Diakon Andreas Laib. In seiner Würdigung machte er deutlich, dass Reinhard Haas nicht nur aufgrund seiner strategischen Fähigkeiten, seines Verhandlungsgeschicks, seiner Empathie und seines unermüdlichen Einsatzes für den Dritten Weg die LakiMAV entscheidend geprägt hat, sondern dass er als Person sowohl sein Amt als Diakon als auch das des LakiMAV-Vorsitzenden so ernst nahm, dass seine Familie und seine Freunde ihn häufig nur noch vom Telefon kannten. Die „Ära Haas“ wird in der LakiMAV noch lange nachwirken – und er würde „nach Haas“ seinen Platz ganz neu finden müssen. Mit Worten und Gesten sei ein angemessener Dank für Reinhard Haas Einsatz nicht ausdrückbar – aber den Segen für seinen weiteren, von solchen Verpflichtungen unbelasteten Lebensweg konnte er ihm von ganzem Herzen mitgeben. Die LakiMAV übergab ihrem scheidenden Vorsitzenden, einem Genussmenschen, einen bunt zusammengesetzten Genusskorb, an dem sich auch stellvertretenden LakiMAV-Mitglieder, MAV-Vorsitzende und Kolleginnen und Kollegen aus dem Oberkirchenrat beteiligt hatten. Zudem erhielt er einen Gutschein für ein Wochenende mit seiner Frau - ohne dienstliche Verpflichtungen - in der von ihm geschätzten Tagungsstätte Silser Hof.

Vorsitzender Andreas Laib

Reinhard Haas selbst hatte anschließend Gelegenheit, das Seine zu sagen und auf die Grußworte zu reagieren. Auf seine 39 Jahre im Dienst der Württembergischen Landeskirche blickte er kurz zurück. Für die Ausbildung zum Karlshöher Diakon von Franken nach Württemberg gekommen blieb er seine ganze kirchliche Laufbahn lang hier. Zu Beginn seiner MAV-Tätigkeit war „Mitbestimmung in der Landeskirche nicht immer angesagt“, wie er sich erinnert. Wesentlich für ihn als LakiMAV-Vorsitzenden war immer das WIR, die LakiMAV als Team. Zwar sah er sich in seiner Funktion sich immer als Leader, aber eben auf der Grundlage der gemeinsamen Sache. Aus seiner heutigen Sicht sind kirchengemäße Tarifverträge denkbar und bedeuten nicht das Ende des Dritten Wegs, wenn sie wirklich kirchengemäß sind. Wichtig war es ihm nochmals zu betonen, dass die Kirchen nicht Trittbrettfahrer bei den Tarifabschlüssen des öffentlichen Dienstes sind, sondern die Kirchen den TVöD als Referenztarifvertrag bewusst gewählt und für ihre Verhältnisse im Rahmen der Arbeitsrechtlichen Kommissionen angepasst haben. Mit Zeilen aus einem Lied von Trude Herr schloss er: „Niemals geht man so ganz. Irgendwas von mir bleibt immer hier.“

Reinhard Haas

Die Vorsitzende, Ellen Schweser, und die stellvertretende Vorsitzende, Heike Erath, der MAV Kirchenbezirk Tuttlingen bereicherten den Nachmittag durch ein Quiz Rund um Reinhard Haas. LakiMAV-Mitglieder und -Angestellte musste ihr Wissen rund um Reinhard Haas in den Rubriken „Arbeit“, „Wohnen“, „Leben“ und „Wurzeln“ beweisen, was für die Anwesenden einen erweiterten Blick auf die Person des zu Verabschiedenden zuließ.

Diakon Werner Bitzer, ein langjähriges ehemaliges LakiMAV-Mitglied, gab Reinhard Haas in humoristischer Weise einige Ratschläge für den anstehenden Ruhestand.

Zum Schluss der Beiträge setzten einige LakiMAV-Mitglieder die im Verlauf bereits benannten vielfältigen Ämter und die daran geknüpften Ansprüche ihres langjährigen Vorsitzenden mit scharfem, aber liebevollem Blick in Szene.

Das Resümee des gesamten Nachmittags war einmütig: „Es wird keinen Zweiten wie ihn jemals geben!“

 

Beim anschließenden Ständerling im Foyer und Innenhof war sowohl die persönliche Verabschiedung der einzelnen Gäste von Diakon Reinhard Haas möglich als auch die Begegnung und Vernetzung der Gäste untereinander. Letzteres ist sicher ganz im Sinne des heute hier im Mittelpunkt Stehenden… denn es geht doch weiter, nur mit anderen Menschen…

Hier gehts zum Interview mit Reinhard Haas zur Bedeutung des Drittes Wegs: https://www.elk-wue.de/news/2020/05102020-die-bedeutung-des-dritten-weges

Impressionen